Der Embryo wird im Mutterleib durch die Nabelschnur mit Blut, Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Die Nabelschnur ist gewissermaßen ein dicker Schlauch, in dem sich mehrere Versorgungsleitungen befinden. Damit diese Leitungen von außerhalb nach innerhalb des Körpers laufen können, besteht eine kreisrunde kleine Lücke in der ansonsten kräftigen Bauchwandmuskulatur. Im Moment der Geburt hat die Nabelschnur ihre Funktion verloren, sie wird durchtrennt. Der kleine Bürzel, der noch am Nabel hängt, verkümmert in den Wochen nach der Geburt, und es bildet sich ein kleines, „knubbeliges“ Narbengewebe, das wir als Nabel bezeichnen. Wenn sich die kleine Lücke entweder gar nicht schließt oder später im Leben nachgibt und auseinanderweicht, bezeichnen wir das als Nabelbruch.
Nabelbrüche müssen keine starken Schmerzen verursachen. Oft sind sie im Stehen einfach als weiche Vorwölbung im Nabel zu erkennen, die im Liegen verschwindet. Manchmal sind die Nabelbrüche sehr klein, nicht eindeutig zu tasten, und verursachen trotzdem deutliche Schmerzen. Dann muß an die Möglichkeit gedacht werden, daß sich in einer sehr kleinen Bruchlücke Gewebe aus dem Bauch eingeklemmt hat.
Bei Säuglingen muß man oft nur abwarten, weil der spontane Verschluss in vielen Fällen noch verzögert nach der Geburt eintritt. Bei Erwachsenen heilt kein Nabelbruch von alleine, er wird im Laufe der Zeit immer größer. Der operative Verschluss wird dann auch schwieriger. Bei jedem Nabelbruch besteht die Gefahr, dass sich in der Bruchlücke Gewebe einklemmen kann. Wenn man Pech hat und es handelt sich um eine Darmschlinge, kann es zum Darmverschluss kommen. Das Gewebe kann innerhalb von Stunden absterben, es entsteht eine Perforation des Darmes, Darminhalt tritt in die Bauchhöhle aus und es entwickelt sich eine lebensgefährliche Bauchfelleiterung, die sofort operiert werden muss. Das ist zwar eine seltene Komplikation, aber die Gefahr besteht immer.
Der Arzt kann in der Regel durch Abtasten feststellen, ob ein Bruch vorliegt. Ultraschall oder andere Untersuchungen werden nur im Ausnahmefall benötigt.
Die einzig sinnvolle Behandlung des Nabelbruches beim Erwachsenen ist die Operation. Es besteht keine Chance, durch Tragen von Bauchbinden einen Nabelbruch zur Heilung zu bringen oder das Größerwerden zu verhindern. Die klassische Operationstechnik sieht so aus, dass die Bruchlücke durch Nähte zusammengerafft und verschlossen wird. Dies funktioniert bei sehr kleinen Brüchen bis zu 1 cm Durchmesser. Wegen relativ hoher Rückfallquoten bei größeren Bruchlücken ist man zunehmend dazu übergegangen, größere Brüche mit einem Kunststoffnetz abzudecken.
Während Leistenbrüche schon seit Jahren fast durchgehend mit Kunststoffnetzen versorgt werden, gibt es immer noch viele Chirurgen, für die eine Netzversorgung die Ausnahme ist. Man war lange Zeit der Meinung, daß Nabelbrüche mit einem Durchmesser von unter 2 cm gut mit direkter Naht versorgt werden können. Studien zeigten aber schon vor Jahren, daß man auch bei kleineren Brüchen Netze in Erwägung ziehen sollte. In der Grafik unten sind die Ergebnisse von vier wissenschaftlichen Untersuchungen zusammengefaßt, die schon vor vielen Jahren in international anerkannten Fachzeitschriften veröffentlicht wurden. In diesen Studien wurden die Langzeitergebnisse von Netzversorgung und Nahtversorgung miteinander verglichen. Es zeigte sich, daß man nach der alten Methode (Zusammenziehen der Bruchlücke mit Nähten) in über 10% zu erneuten Nabelbrüchen kommt, während dieses nach Versorgung mit Netzen eine absolute Seltenheit ist. Aus diesen Ergebnissen kann man ablesen, warum wir selbst nur noch in absoluten Ausnahmefällen bei Erwachsenen auf Netze verzichten.
Die Vorteile der Netzversorgung liegen aber nicht nur in den Langzeitergebnissen. Im Gegensatz zur Naht ist die Operation mit Netz ein sogenanntes spannungsfreies Verfahren. Das Netz wird von der Größe her so gewählt, daß die Ränder des Netzes locker mit den Muskelrändern überlappen können. Das Netz wird zwar auch mit Nähten fixiert, aber nur gegen frühzeitiges Verrutschen. Diese Fixationsnähte sind nicht erforderlich für die Stabilität der Versorgung. Der Patient spürt dies schon in den ersten Tagen nach der Operation daran, daß ein Anspannen der Bauchmuskulatur, wie z.B. beim Aufrichten aus dem Liegen, deutlich weniger schmerzhaft ist. Und es gibt noch einen zweiten großen Vorteil in der Frühphase: Nach Naht eines Nabelbruches darf der Patient bis zu 12 Wochen die Bauchdecken nicht maximal belasten. Für alle Menschen, die in körperlich beanspruchenden Berufen arbeiten (Handwerker, Krankenpflege etc.) stellt das ein großes Problem dar. Ein mit Netz versorgter Patient muss wissen, daß er auch durch frühzeitige Bauchdeckenbelastung nichts "kaputtmachen" kann. Man soll natürlich auf den Schmerz hören, denn der Schmerz ist ein Stopsignal, das unser Gehirn aussendet. Unsere langjährige Erfahrung mit den Netzen zeigt jedoch, daß Patienten aus den oben genannten Berufsgruppen in der Regel nach 3-4 Wochen voll belastbar und dabei meist auch schmerzfrei sind. Das sind wichtige Argumente. Die verwendeten Netze halten bei Laborversuchen einem Druck von über 600 mm Hg stand. Solche Druckspitzen entstehen im normalen Leben weder beim Husten, Pressen, noch bei anderen anstrengenden Tätigkeiten.
Die Netze, die bei Nabelbrüchen verwendet werden, entsprechen teilweise den Netzen, wie sie auch bei Leisten- oder Narbenbrüchen zum Einsatz kommen. Ein gängiges Netz, das aus Polypropylen hergestellt wird und das wir häufig verwenden, sehen Sie hier. Dieses Netz kann in jede beliebige Größe und Form geschnitten werden.
Bei der Operation wird dieses tellerförmige Netz zunächst etwas zusammengedrückt, um es mit einem chirurgischen Instrument hinter die Bauchdecke zu bringen. Läßt man es dort los, nimmt es automatisch wieder seine flache Form ein. Außerhalb des Bauchraumes wird das Netz vom Chirurgen noch an den Haltelaschen festgehalten.
Wenn man jetzt die Haltelaschen hochzieht, legt sich das Netz gut überlappend von innen der Bauchdecke an. Die Laschen werden flach zu den Seiten aufgelegt und von oben an der Muskulatur angenäht. Danach werden sie gekürzt, und die Bauchdecke ist wieder stabil.